COPD – chronische Bronchitis
Der Name
COPD ist die Abkürzung von chronic obstructive pulmonary disease. Chronisch obstruktive Lungenerkrankung. Obstruktiv bedeutet in der Medizin „verstopfend“, womit hier die Bronchien gemeint sind.
Die Vorboten
Frau Verner ist eine schlanke Frau, jetzt knapp 60 Jahre alt. Sie hat seit Beginn ihrer Jugend lange Jahre 20 bis 40 Zigaretten am Tag geraucht. Als sie Mitte 40 war, entwickelte sich nach jeder einfachen Erkältungen immer wieder eine Bronchitis. Das ist an sich nichts besonderes, aber Frau Verner bekam regelmäßig einen eitrigen Auswurf, der erst im Laufe der nächsten zwei, drei Wochen verschwand. Es war höchste Zeit, dass sie das Rauchen aufgab. Schließlich schaffte sie das auch, und die Situation besserte sich. Zu einer eitrigen Bronchitis kam es zwar immer noch nach einer Erkältung, aber sie war weniger schwer. So ging es einige Jahre.
Eines Tages kam Frau Verner zu mir:
„Die letzte Erkältungswelle hat auch mich wieder erwischt“, erzählte sie.
„Der Husten und Auswurf ist danach nicht weggegangen.“ Ob sie Atemnot hätte, z. B. wenn sie Treppen steigen würde, fragte ich.
„Ja, ab dem zweiten Stock“, war ihre Antwort. Da Frau Verner nicht besonders sportlich ist, war ich nicht beunruhigt. Aber ich schickte sie trotzdem zum Lungenfacharzt. Zwar ist Atemnot oft ein Hinweis für Herzkrankheiten, aber ihre Geschichte sprach doch für eine Lungenkrankheit.
Frau Verner kam danach sehr selten zu mir. Sie blieb in Behandlung des Lungenarztes. Als sie schließlich etwas vorzeitig in Rente gehen wollte, brauchte sie ein Attest von mir und ich erfuhr die Einzelheiten.
Die Beschwerden
Husten und Auswurf sind trotz Behandlung nicht mehr richtig weggegangen. Allmählich ist die Atemnot auch bei geringer Belastung aufgetreten. Frau Verner konnte ihre Einkäufe noch erledigen, aber sie musste langsam gehen und durfte nicht zu schwer tragen. Da es in ihrem Haus einen Aufzug gibt, hat sie wenigstens mit der Treppe keine Probleme. Die Arbeit fiel ihr inzwischen sehr schwer. Es war weniger die Arbeit selbst, Frau Verner war Sachbearbeiterin in einer Firma und dadurch körperlich wenig belastet. Aber morgens früh aufzustehen, sich fertig zu machen, in die Firma zu fahren, abends die Rückfahrt, Einkaufen und dann kochen, das alles war eine Belastung, die zu groß für sie war. Frau Verner lebte allein und ihre erwachsenen Kinder konnten ihr kaum etwas abnehmen. So musste sie jetzt in Rente gehen. Was war mit der Lunge von Frau Verner passiert?
Die Bronchien

Links Querschnitt einer gesunden Bronchie. Rechts sieht man, dass die Wand verdickt ist und vermehrt Schleim auf der Innenwand liegt. Dadurch ist die Öffnung verkleinert. Die Luft kann nur mit größerem Widerstand hindurch.
Die Luftröhre teilt sich etwa auf der Höhe des Herzens in zwei Äste für den rechten und linken Lungenflügel. Sie heißen ab da Bronchien. Wie die Äste eines Baumes sich immer weiter aufteilen, bis die letzten dünnen Zweige schließlich die Blätter tragen, so teilen sich auch die Bronchien immer weiter auf, bis sie schließlich in den mikroskopisch kleinen Lungenbläschen enden. Die Lungenbläschen enthalten in ihrer hauchdünnen Wand feine Blutgefäße. Dort findet die Aufnahme von Sauerstoff aus der Atemluft in das Blut und die Abgabe von Kohlenstoffdioxid aus dem Blut statt.
Nun gelangen mit der Atemluft, in 24 Stunden holen wir mehr als 20 tausend Mal Luft, auch feine Schmutzteilchen in die Lunge. Dieser Dreck würde sehr bald die Lungenbläschen und die kleinsten Bronchien verstopfen, wenn nicht die Wände der Bronchien mit Milliarden von kleinen Härchen (Zilien) besetzt wären, die die Reinigungsarbeit leisten. Die Schmutzteilchen werden in einer dünnen Schleimschicht, die auf der Innenwand der Bronchien liegt, eingepackt. Der Schleim wird durch die Zilien, die sich ständig bewegen, nach außen geschoben und, wenn er die größeren Bronchien erreicht hat, abgehustet. In dem Schleim würden sich auch sehr gerne Bakterien ansiedeln. Dass die mit der Atemluft in die Lunge gelangen, lässt sich ja gar nicht verhindern. Also muss der Körper durch die Abwehrzellen (die weißen Blutkörperchen, die Leukozyten), die auch sonst im Körper die Polizeifunktion haben, und die aus den Blugefäßen in die Bronchien wandern, diese Eindringlinge vernichten.
Die krankhaften Veränderungen in der Lunge
Nicht alle Raucher bekommen eine COPD. Aber sicher hatte bei Frau Verner das Rauchen die Wandzellen der Bronchien und die Zilien geschädigt, so dass die Reinigung nicht mehr gut funktionierte. Das machte es den Bakterien leicht, sich trotz „Polizei“ auf der Bronchienwand festzusetzen. So entstand eine chronische oder immer wieder aufflackernde Entzündung, die chronische Bronchitis. Möglicherweise spielten noch andere Faktoren eine Rolle. Jedenfalls führte all das dazu, dass sich die Bronchienwand verdickte und der Schleim nur noch schwer hinaus transportiert werden konnte. Die Öffnung der Bronchien war dadurch eng geworden und es konnte nur schwer noch Luft hindurch strömen. So entstand die Atemnot. Eine chronische obstruktive Bronchitis hatte sich entwickelt. (Mit der Endsilbe -itis werden in der Medizin Entzündungen benannt.)
Es ist auch nicht nur das Rauchen, das eine COPD verursacht. Andere chronische Lungenerkrankungen, wie z. B. eine chronische Lungentuberkulose, eine Mukoviszidose, eine Staublunge können dazu führen. Eine COPD kann auch mit anderen Lungenerkrankungen kombiniert auftreten, wie z. B. Schwäche des Herzens. Darum ist bei einer so ernsten Krankheit wie der COPD immer eine gründliche Untersuchung aller Organe notwendig.
Frau Verner hat eine COPD, die durch die chronische Bronchitis verursacht war. (Es gibt auch Formen der COPD, bei denen Lungenveränderungen, die man Emphysem nennt, die Hauptursache der Beschwerden sind. Das ist ein anderes Kapitel.)
Die Behandlung
Die Schädigung der Bronchienwand lässt sich nicht rückgängig machen. Aber die schädigenden Einflüsse sollten unbedingt beseitigt werden, damit es wenigstens nicht schlimmer wird. Frau Verner hatte ja das Rauchen schon lange aufgegeben. Eine Freundin, die noch sehr viel rauchte, traf sie nicht mehr in deren Wohnung, weil schon das Passivrauchen vermieden werden muss. Glücklicherweise lebte sie in einem Stadtteil, der nicht besonders schmutzige Luft hatte. Die weitere Diagnostik ergab auch nicht, dass noch eine andere Erkrankung der Lunge vorlag. Auch die anderen Organe, besonders das Herz waren ohne erkennbare krankhafte Veränderung.
Durch eine medikamentöse Behandlung kann die Bronchitis in Schach gehalten und die Bronchien können erweitert werden, so dass das Atmen leichter fällt. Atemnot ist nicht nur quälend für den Kranken, sondern kann auch langfristig das Herz schädigen. Die Medikamente, die die Bronchien erweitern, werden inhaliert, damit sie die Muskelzellen, die in der Bronchienwand enthalten sind, direkt erreichen und entspannen. Frau Verner hat sich auch einer Gruppe anderer Patienten angeschlossen, die gemeinsam körperliche Übungen machen, vor allem Atemübungen. Das fiel ihr am schwersten, weil es ihr klar machte, was mit ihrer Lunge geschehen war.
Aber sie hat tapfer durchgehalten und ist heute besser dran als vor einem Jahr.
Es gibt inzwischen auch Behandlungsmethoden, die Atemtechnik der Patienten zu bessern. Man schaltet Lungenteile, die nicht mehr richtig belüftet werden, aus, um so für die noch funktionsfähigen Lungenteile mehr Platz zu schaffen. Dazu ist allerdings eine kleine Operation notwendig, die an bestimmten Lungenzentren durchgeführt werden kann. Frau Verner ging es aber mit der konsequenten Anwendung der konservativen (damit meinen die Ärzte: nicht operativ) Maßnahmen doch besser. Darum wollte sie nicht, dass überprüft wurde, ob eine solche operative Maßnahme bei ihr sinnvoll und möglich ist.
Ein Problem sind die Grippeepidemien und die sogenannten grippalen Infekte, womit die einfachen Erkältungskrankheiten gemeint sind. Zwar lässt sich Frau Verner gegen Grippeviren so gut es geht impfen, aber nicht immer hilft das, eine Erkrankung zu vermeiden und schon gar nicht die häufigen Erkältungskrankheiten. Unweigerlich flackert dann wieder die Bronchitis auf. Einmal war es besonders schlimm, da hat sie für einige Wochen auch zu Hause ein Sauerstoffgerät gebraucht.
Behandlung: Vermeiden aller schädigenden Einflüsse, also mit Schadstoffen belasteter Atemluft. Körperliche Übungen. Medikamente, die die Bronchien erweitern. Behandlung bakterieller Infekte der Atemwege. Manchmal kleine operative Maßnahme an den Bronchien zur Verbesserung der Atmung. Im Notfall Sauerstoffgerät.
Beitrag von Prof. Dr. med. F. Matakas, letztmals geändert am 15.11.2015, 18:12 Uhr.